Schilddrüsenkrebs (Schilddrüsenkarzinom)
Die Schilddrüse (Glandula thyreoidea) spielt für die Steuerung von Stoffwechsel- und Kreislaufprozessen eine wichtige Rolle. Erkrankungen dieses Organs, zu denen auch der Schilddrüsenkrebs zählt, machen sich deshalb durch ein breites Spektrum an Symptomen bemerkbar. In der Medizin werden bildgebende Verfahren aus der Radiologie und der Nuklearmedizin eingesetzt, um Auffälligkeiten auf den Grund zu gehen.
Schätzungen gehen von circa 6.000 Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland aus, wobei eine klare geschlechtsspezifische Verteilung zu erkennen ist. Frauen sind wesentlich häufiger betroffen (etwa um den Faktor 2,5). Die Überlebensrate – auch als „Fünf-Jahres-Intervall“ bezeichnet – ist mit 94 Prozent bei den Frauen bzw. 88 Prozent bei den Männern hoch.

Die Schilddrüse im Überblick: Aufbau, Lage und Funktion
Wichtige Fakten auf einen Blick:
- Die Schilddrüse spielt im Hormonsystem des Körpers eine große Rolle.
- Sie liegt im vorderen Halsbereich unter dem Kehlkopf.
- Als Drüse bildet sie stoffwechsel- und kreislaufrelevante Hormone.
Bei der Schilddrüse handelt es sich um eine Drüse, die im Halsbereich knapp unterhalb des Kehlkopfes liegt. Das schmetterlingsförmige Organ ist im Bereich vor der Luftröhre zu finden, die vom Drüsengewebe halbkreisförmig umfasst wird. Die beiden Schilddrüsenlappen (mit den Nebenschilddrüsen) werden durch den Isthmus (eine schmale Gewebebrücke) miteinander verbunden.
Ihre Hauptfunktion erfüllt die Drüse mit der Produktion der Hormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3). Beide übernehmen wichtige Aufgaben für den Stoffwechsel, das Wachstum und die Entwicklung des Körpers. Zudem ist es die Aufgabe der Schilddrüse, Jod und die gebildeten Hormone zu speichern. Deshalb kommt es bei einer Zerstörung von Schilddrüsengewebe zu einem initialen Anstieg des Hormonspiegels.
Zudem produziert die Drüse das Hormon Calcitonin, welches den Kalziumhaushalt im Blut beeinflusst und auch für den Knochenaufbau bedeutsam ist, weil es den Abbau von Knochensubstanz fördernde Osteoklasten hemmt. Angesichts dieser Fülle an Funktionen erklären sich die vielschichtigen Symptome, die mit einer Schilddrüsenerkrankung einhergehen können.
Ursachen und Risikofaktoren für Schilddrüsenkrebs
Wichtige Fakten auf einen Blick:
- Die genauen Ursachen der Krebsentstehung sind nicht bekannt.
- Seitens der Medizin können verschiedene Risikofaktoren identifiziert werden.
- Neben Strahlung können auch Jodmangel oder eine familiäre Prädisposition eine Rolle spielen.
Welche Ursache letztlich zur Entstehung des Schilddrüsenkarzinoms führt, ist bisher nicht abschließend geklärt und steht weiterhin im Fokus der medizinischen Forschung. Unter anderem werden autoimmune Faktoren als Auslöser diskutiert [1]. Dennoch sind heute folgende Risikofaktoren bekannt, die die Entstehung eines Tumors in der Schilddrüse begünstigen können:
- Familiäre Vorbelastung: Sind im engeren Familienkreis bereits Tumorerkrankungen der Schilddrüse bekannt, ist das Risiko für ein Auftreten des Karzinoms erhöht. Dieses wird durch Erkrankungen des Nebennierenmarks erhöht.
- Genetische Risikofaktoren: Schilddrüsenkrebs wird von der Medizin in mehrere Tumorformen unterschieden, von denen bei einigen auch eine genetische Prädisposition eine Rolle spielt. Das medulläre Schilddrüsenkarzinom kann bis zu knapp einem Drittel der Erkrankungen auf Genveränderung zurückgeführt werden.
- Jodmangel: Führt chronischer Jodmangel zur Vergrößerung der Schilddrüse (Kropf, Struma), erhöht sich auch das Risiko für bestimmte Schilddrüsenkarzinome, insbesondere das follikuläre Karzinom. Daher kann es in Regionen mit unzureichender Jodversorgung zu einer Häufung von Schilddrüsenknoten kommen [2].
- Strahlung: Ionisierende Strahlung ist ein weiterer Risikofaktor für die Entstehung des Schilddrüsenkarzinoms. Betroffen sind nicht nur Personen, die einer hohen Strahlendosis ausgesetzt waren. Besonders bei Heranwachsenden kann die Behandlung schwerer Erkrankungen mit einer Strahlentherapie das Risiko für einen Schilddrüsentumor erhöhen.
Die Anwendung der Radiojodtherapie scheint Studien zufolge nicht zur Erhöhung des Risikos für ein Schilddrüsenkarzinom beizutragen [3]. Zumindest lassen vorliegende Meta-Untersuchungen keine direkte Verbindung erkennen.
Formen des Schilddrüsenkarzinoms
Die Medizin unterscheidet die Tumore der Schilddrüse in mehrere Hauptgruppen. Mit bis zu 80 Prozent tritt das papilläre Karzinom besonders häufig in Erscheinung. Hinsichtlich des Behandlungserfolgs kann bei dieser Tumorvariante in der Regel eine gute Prognose gestellt werden. Eine zweite Gruppe sind follikulären Schilddrüsenkarzinome, die einen Anteil von bis zu zehn Prozent ausmachen. Beide entstehen aus den schilddrüsenhormonproduzierenden Zellen und können mittels Radiojodtherapie behandelt werden. Eine wichtiger dritter Typ sind medulläre Schilddrüsenkarzinome (auch „C-Zell-Karzinom“, was sich von den Calcitonin produzierenden C-Zellen ableitet). Da diese Tumore nicht auf die Radiojodtherapie ansprechen, ist deren Behandlung schwieriger.
Symptome des Schilddrüsenkarzinoms
Wichtige Fakten auf einen Blick:
- Zu Beginn zeigen sich oft keine spezifischen Symptome.
- Ein wichtiges Indiz sind tastbare Veränderungen in der Größe und der Härte eines Knoten.
- Der Tumor kann sich durch Schluckbeschwerden oder Heiserkeit bemerkbar machen.
In seiner initialen Phase verursacht ein Tumor in der Schilddrüse keine oder nur unspezifische Symptome. Daher suchen Betroffene ärztlichen Rat häufig erst, wenn Krankheitszeichen zu erkennen sind. Generell ist ein Arztbesuch anzuraten, wenn sich Auffälligkeiten wie die Bildung von tastbaren Knoten ergeben – besonders bei einer spürbaren Größenzunahme.
Auch ein Kropf, der sich plötzlich in der Größe verändert und/oder sich hart anfühlt, sollte der Anlass für einen eingehenden Check beim Arzt sein. Zu den weiteren Krankheitszeichen, die im Rahmen des Schilddrüsenkrebs auftreten, gehören gehören:
- Schwellungen oder vergrößerte Lymphknoten am Hals;
- Heiserkeit oder Veränderungen der Stimme;
- Schluckbeschwerden;
- Atemnot;
- ein Kloß- oder Druckgefühl im Hals.
Grundsätzlich können diese Symptome auch bei anderen, weniger schwerwiegenden Erkrankungen auftreten. Eine sichere Abklärung ist aber nur durch einen Arzt möglich.
Für Schilddrüsenkrebs gibt es keine standardisierte Vorsorge oder Früherkennung für die Gesamtbevölkerung. Allerdings ist es gerade Personen aus den Risikogruppen zu empfehlen, sich regelmäßig untersuchen zu lassen. So kann über eine Genanalyse bestimmt werden, inwiefern ein höheres Erkrankungsrisiko durch Gendefekte vorliegt und wie optimale Handlungsoptionen aussehen.
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Diagnostik bei Schilddrüsenkrebs
Wichtige Fakten auf einen Blick:
- Bei der Diagnostik des Tumors arbeiten verschiedene Fachgebiete zusammen.
- Die Szintigraphie ist ein wichtiges bildgebendes Verfahren.
- MRT und CT kommen unter anderem für das Tumorstaging zum Einsatz.
In die Diagnostik zur Feststellung eines Schilddrüsenkarzinoms sind verschiedene Fachbereiche und Untersuchungen eingebunden – auch um andere Erkrankungen mit ähnlichen Krankheitszeichen auszuschließen. Der erste Schritt sind die Anamnese und die körperliche Untersuchung. Der Arzt erhebt die Krankengeschichte des Patienten, um nach ersten Hinweisen zu suchen.
Dabei geht es um frühere Bestrahlungen im Kopf-Hals-Bereich oder ob möglicherweise sogar eine familiäre Vorbelastung vorliegt. Im Rahmen der körperlichen Untersuchung richtet sich die Aufmerksamkeit des Arztes auf die Schilddrüse und die umliegenden Lymphknoten am Hals. Während der Tastuntersuchung wird auf Verhärtungen oder Vergrößerungen geachtet.
Laboruntersuchungen dienen zur Beurteilung der Schilddrüsenfunktion durch eine Bestimmung der Hormone T3, T4 und des Thyreoidea-stimulierenden Hormons (Thyrotropin, kurz „TSH“). Sollte der Verdacht auf ein medulläres Schilddrüsenkarzinom bestehen, ist eine Überprüfung des Calcitoninspiegels angezeigt, da erhöhte Werte auf diese Tumorvariante hindeuten können [4].
Bildgebende Diagnostik
Bei der Beurteilung der Befunde aus der körperlichen Untersuchung und den Labortests greift die Medizin zu verschiedenen bildgebenden Verfahren aus der Radiologie und der Nuklearmedizin. Mit einer Ultraschalluntersuchung (Sonographie) lassen sich Knoten schnell und ohne Strahlungsrisiko untersuchen. Der Vorteil liegt auch darin, dass mittels Ultraschall in Echtzeit die Größe sowie die Struktur von Knoten in der Schilddrüse und die angrenzenden Lymphknoten beurteilt werden können.
Eine der wichtigsten Untersuchungen in der Tumordiagnostik bei Auffälligkeiten in der Schilddrüse ist die Szintigraphie. Dazu werden Radiotracer injiziert, die sich anschließend in der Schilddrüse anreichern. Hier macht sich die Medizin zunutze, dass Follikelzellen im Schilddrüsengewebe Jod aufnehmen müssen, um die Hormone zu bilden. Mit einer Gammakamera lassen sich Areale darstellen, in denen sich der Radiotracer anreichert. Areale mit einer hohen Aktivität treten bei der Untersuchung deutlich in den Vordergrund. Aber auch kalte Knoten ohne eine Aufnahme des Radiotracers sind zu erkennen.
Die Basisszintigraphie kann mit weiteren Verfahren kombiniert werden, um den diagnostischen Nutzen weiter zu verbessern. Im Rahmen der MIBI-Szintigraphie (Methoxy-Isobutyl-Isomitril) geht man noch einen Schritt weiter und untersucht die Stoffwechselaktivität der Knoten. Das Verhalten in beiden Untersuchungen (kalter Knoten, aber mit klarem Signal in der MIBI-Untersuchung) lässt Rückschlüsse auf das Malignitätsrisiko zu.
Zusätzlich kann mittels Computertomographie (CT) oder der Magnetresonanztomographie (MRT) die Ausbreitung des Karzinoms beurteilt werden. Dessen Beziehung zum benachbarten Gewebe ist für das Staging und die Planung der chirurgischen Entfernung von Bedeutung. Parallel lässt sich mit den Verfahren nach Metastasen suchen und der Einfluss des Schilddrüsentumors auf die benachbarten Lymphknoten bewerten.
Biopsie und feingewebliche Untersuchung
Um eine Auffälligkeit in der Schilddrüse umfassend zu beurteilen, benötigen die Ärzte einen Blick auf die zelluläre Ebene. Mit einer Gewebeprobe lassen sich verschiedene Pathologien unterscheiden, da sie von verschiedenen Zelltypen dominiert werden. Die Probenentnahme (Biopsie) wird heute minimalinvasiv durchgeführt. Um die Probe an der richtigen Stelle zu gewinnen, nutzen Ärzte die bildgestützte Entnahme. Anschließend wird das Material in der Pathologie zytologisch untersucht.
Schilddrüsenuntersuchungen bei LifeLink
LifeLink bietet Betroffenen umfassende und präzise Untersuchungen der Schilddrüse. Dafür setzen wir auf eine moderne Ausstattung mit Geräten zur Durchführung von MRT- und CT-Untersuchungen, PET-CT und Ultraschall. Zusätzlich führen wir an unseren Praxisstandorten Szintigraphien durch, mit denen sich die Funktion der Schilddrüse beurteilen lässt. Patienten werden von erfahrenen und umfassend geschulten Praxisteams betreut. Mit unserem Online-Buchungstool nutzen Patienten eine schnelle und komfortable Möglichkeit zur Vereinbarung eines Termins in einem der nächstgelegenen Standorte.
Behandlung von Schilddrüsenkrebs
Therapieentscheidungen richten sich bei Schilddrüsenkrebs nach der Art des Tumors, in welchem Stadium die Erkrankung diagnostiziert wird und zu welchem Ergebnis das Tumorstaging kommt. Für die Behandlung stehen verschiedene Therapiemaßnahmen im Raum.
Operation
Im Rahmen einer Operation werden das Tumorgewebe und die befallenen Lymphknoten entfernt. Ob die gesamte Schilddrüse (totale Thyreoidektomie) entfernt werden muss, richtet sich nach der Ausdehnung. Bei kleinen, begrenzten Tumoren kann eine teilweise Entfernung (Hemi-Thyreoidektomie) ausreichend sein. Ist der Krebs bereits in benachbartes Gewebe eingewachsen, kann eine großräumige oder vollständige Entfernung erforderlich sein. In diesem ist der Betroffene auf eine Hormontherapie angewiesen. Diese muss lebenslang eingehalten werden und hat in der Nachsorge große Bedeutung.
Radiojodtherapie
Nach der Entfernung kann eine Radiojodtherapie zu den Behandlungsoptionen gehören. Diese wird bei papillären und follikulären Schilddrüsentumoren in Erwägung gezogen, um Tumorreste zu zerstören.
Strahlentherapien
Strahlentherapien sind bei einem Schilddrüsenkarzinom oft begleitend im Einsatz, um eine Operation und die Radiojodtherapie zu unterstützen. Bei Tumoren, die nicht auf Jod ansprechen, hat die Bestrahlung eine größere Bedeutung und wird mit anderen Maßnahmen kombiniert.
Chemotherapien
Chemotherapien haben bei Krebserkrankungen der Schilddrüse eine geringere Bedeutung im Vergleich zu anderen Tumoren. Eingesetzt wird die Therapie bei Schilddrüsenkarzinomen, die sich anderen Maßnahmen entziehen, und kann mit der Strahlentherapie kombiniert werden.
FAQ Schilddrüsenkrebs: Die wichtigsten Fragen und Antworten
Wie gefährlich ist Schilddrüsenkrebs?
Bei bösartigen Erkrankungen – und dazu zählt Schilddrüsenkrebs – ist eine Behandlung aus ärztlicher Sicht dringend anzuraten. Bemerken Patienten Auffälligkeiten, sollte der Gang zum Arzt nicht aufgeschoben werden. Bei Schilddrüsenkrebs kann heute in vielen Fällen eine gute Prognose gestellt werden. Dennoch ist ein schneller Beginn der Behandlung entscheidend.
Wo bilden sich bei Schilddrüsenkrebs Metastasen?
Bevorzugt siedeln sich Tumorzellen an der Lunge, der Leber und den Knochen ab. Allerdings entscheidet auch die Krebsvariante über die Metastasierung. So kann beispielsweise ein papillärer Tumor lange auf die Schilddrüse beschränkt bleiben und eher langsam wachsen.
Kann ich Schilddrüsenkrebs zweimal bekommen?
Nach einer Behandlung kann es in seltenen Fällen passieren, dass sich ein Rezidiv entwickelt – dass es also erneut zur Entwicklung eines Schilddrüsentumors kommt. Das Risiko dafür hängt von individuellen Faktoren wie der Absiedelung von Krebszellen und Verwachsungen des primären Tumors ab.
[1] Dias Lopes NM, Mendonça Lens HH, Armani A, Marinello PC, Cecchini AL. Thyroid cancer and thyroid autoimmune disease: A review of molecular aspects and clinical outcomes. Pathol Res Pract. 2020 Sep;216(9):153098. doi: 10.1016/j.prp.2020.153098. Epub 2020 Jul 4. PMID: 32825964.
[2] Yu X, Fan C, Shan Z, Teng X, Guan H, Li Y, Teng D, Jin Y, Chong W, Yang F, Dai H, Yu Y, Li J, Chen Y, Zhao D, Shi X, Hu F, Mao J, Gu X, Yang R, Tong Y, Wang W, Gao T, Li C, Teng W. A five-year follow-up study of goiter and thyroid nodules in three regions with different iodine intakes in China. J Endocrinol Invest. 2008 Mar;31(3):243-50. doi: 10.1007/BF03345597. PMID: 18401207.
[3] Shim SR, Kitahara CM, Cha ES, Kim SJ, Bang YJ, Lee WJ. Cancer Risk After Radioactive Iodine Treatment for Hyperthyroidism: A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA Netw Open. 2021 Sep 1;4(9):e2125072. doi: 10.1001/jamanetworkopen.2021.25072. PMID: 34533571; PMCID: PMC8449277.
[4] Broecker-Preuss M, Simon D, Fries M, Kornely E, Weber M, Vardarli I, Gilman E, Herrmann K, Görges R. Update on Calcitonin Screening for Medullary Thyroid Carcinoma and the Results of a Retrospective Analysis of 12,984 Patients with Thyroid Nodules. Cancers (Basel). 2023 Apr 17;15(8):2333. doi: 10.3390/cancers15082333. PMID: 37190260; PMCID: PMC10136489.